Zwei kleine große Perlen: Erlebnisberichte aus Lesotho und Eswatini
Lesotho
Die zwei Gesichter Lesothos
Es ist eines der ärmsten Länder der Welt, dieses kleine Königreich inmitten der Dreitausender der Drakensberge und der reichen Farmen des Oranje Free State. Doch in den flacheren Tälern des Nordens scheint die traditionelle Lebensweise der Basotho inzwischen von der Moderne verdrängt zu werden. Stattliche Häuser ersetzen die strohbedeckte Rundhütte, ordentliche Teerstraßen die staubigen und schlammigen Pisten, Pferd und Esel machen mehr und mehr Platz für Toyota und Co. Ansehnliche Schulprojekte bieten den unzähligen Kindern einen halbwegs guten Start ins Leben und die Landwirtschaft wird hier effektiv mit Traktoren und Mähdreschern betrieben.
Ganz anders dagegen die Hochgebirgsregionen im Osten und Süden. Hier quälen wir uns auf meist grenzwertigen Pisten über immens steile Flanken der grünen Berge, die traditionellen Behausungen trotzen tapfer den widrigen Wetterkapriolen, bei bis zu minus zwanzig Grad im Winter ein elendiges Unterfangen. Die Menschen leiden nicht nur darunter; immerwährender Hunger und das harte Bergleben mit ihren wenigen Tieren zeichnet sie nachhaltig. Schulen und vor allem Lehrer sind hier Mangelware, kaum jemand spricht Englisch. Klapprige Minibusse halten die Versorgung zwischen den abgeschiedenen Dörfern aufrecht, wo auch diese nicht mehr durchkommen, ist der Muli wieder gefragt. Die Hirten hier oben sind oft nur in Lumpen gehüllt, betteln ist an der Tagesordnung…
Aber noch etwas fällt auf – nahezu jeder irgendwie erreichbare Quadratmeter fruchtbarer Boden ist in einem so regenreichen Jahr wie diesem bestellt. Mühselig mit dem altehrwürdigen Ochsengespann oder per Hand am steilen Hang. Extremer Fleiß zeichnet diese einfachen Menschen dann aus, wenn die Natur es gut mit ihnen meint. Und sie lassen uns ihre Freude über die zu erwartende reichhaltige Ernte spüren, denn eine volle Speisekammer ist der Garant für ihr Überleben im nächsten harten Winter. Und das ist ihnen mindestens so wichtig wie eine Schule…
Wir sprechen mit einer Regierungsbeamtin für Geburtenerfassung: »In den Dörfern sind mindestens vier Kinder üblich, meist allerding bis zu zehn pro Familie. In den Städten beginnt langsam ein Umdenken; zwei, drei Kinder, dann ist es genug. Den Menschen wird bewusst, dass sie mehr Kinder nicht ernähren und auch deren Ausbildung sich nicht leisten können. Doch für solche Entscheidungen ist Bildung nötig, und an der hapert es eben weitgehend.«
Eines haben beide Regionen allerdings gemeinsam – sie sind atemberaubend schön und eine Reise wert! Einsamkeit und Stille, Einklang mit der Natur; schier endlose Bergketten reihen sich aneinander, sattes Grün und tiefblaues Wasser erfreuen die Sinne, bunte Blumenwiesen und gurgelnde Bäche spenden Lebensfreude pur. Hinter jeder Biegung wartet eine neue Überraschung – ein sich pittoresk an die Bergflanke klammerndes Dorf, ein über hunderte von Metern herabstürzender Wasserfall, ein Pistenverlauf, der das Abrufen des gesamten fahrerischen Könnens fordert, einsame Reiter, die ihre Waren mühsam über die steilen Pässe transportieren. Hier finden wir jeden Tag unglaublich schöne Plätze zum Verweilen, zum Übernachten. Und nie fühlen wir uns unsicher, die Menschen sind durchwegs freundlich, betteln zuweilen, reagieren jedoch nie aggressiv, wenn wir abwinken. So genießen wir dieses kleine Königreich an jedem Tag, an dem wir hier sein können…
Unterwegs in Lesotho
Die steinige Piste windet sich weit hinauf auf den Grenzpass Qacha`s Nek, dann hat uns »real Africa« wieder. Immer auf mehr als 2.000 Metern Höhe, passieren wir viele kleine Dörfer mit den so für Afrika typischen strohgedeckten Rundhütten, auch lachen und winken uns die Menschen wieder zu. In ständigem Auf und Ab wird jede Bergkrümmung ausgefahren, jedes Tal durchfahren. Beim Weiler Ramatseliso schließlich stellen wir uns auf die grüne Wiese und genießen den tollen Rundumblick auf über 2.400 Metern Höhe.
Anfangs verwöhnt uns heute die direkt auf dem Grenzkamm verlaufende Piste sogar ein wenig, sie ist gut zu befahren, ohne grobe Steine und allzu steile Auf- und Abfahrten. Doch dies ändert sich, je näher wir an den größeren Ort Sehlabathede kommen. Und es kommt noch übler! Ab hier schraubt sich der nun wirklich ruppige Weg höher und höher durch die wilde Bergwelt, und als wir oben auf dem Übergang stehen, zeigt unser Navi stolze 2.963 Meter an. Was für ein Pass! Noch viel schwieriger als die Auffahrt gestaltet sich nun die stellenweise extrem steile Abfahrt. Erster Gang und untersetztes Getriebe sind zugeschaltet, in Schleichfahrt rangieren wir Manni nun durch engste Kehren, holpern über große Gesteinsbrocken. Als wir das erste Dorf erreichen, haben wir auf nur drei Kilometern 500 Höhenmeter überwunden! Erleichtert atmen wir durch, das Schlimmste scheint überstanden.
Doch weit gefehlt! In einer Haarnadelkurve stehen wir plötzlich vor einer völlig zerstörten Brücke. Die Schräge der Furt über die vom Wasser glattpolierten Felsen erweist sich als zu heftig für Manni, die Gefahr des Umkippens zu groß. Mit Hilfe einiger Vorbeikommender bauen wir eine Rampe, und mit der Devise »Augen zu und durch« meistern wir schließlich diese wirklich knifflige Passage. Unsere Helfer geben uns jedoch zu verstehen, dass ein paar Kurven weiter noch eine ähnliche Aufgabe auf uns wartet. Na prima! Doch sie helfen uns abermals, pickeln und schaufeln mit uns eine gangbare Lösung, und mit genügend Schmackes rumpeln wir durch die Engstelle. Jetzt haben wir aber alle Hürden überwunden, holpern vollends hinunter ins Tal und finden einen schönen Übernachtungsplatz direkt am leise über die Steine plätschernden Bach.
Bestens erholt starten wir zu einer weiteren Etappe durch die aufregende Gebirgswelt Lesothos. Die Regenunwetter der letzten Zeit haben ganze Arbeit geleistet, viele unterspülte oder sogar ganz weggespülte Passagen fordern unsere ganze Konzentration. Dafür entschädigen uns grandiose, farbenprächtige Canyons, die durch die Flüsse geschaffen wurden.
Die Auffahrt aus dem Tal vor Sehonghong hinauf in die karge Hochebene ist allerdings noch einmal eine echte Herausforderung. Extrem steil und vor allem unglaublich schmal ist die Piste hier in den Hang gefräst. Mannis Spurbreite ist eigentlich schon zu üppig dafür, die Reifen berühren seitlich kaum noch festen Untergrund. Links gähnt der Abgrund, rechts droht eine tief ausgewaschene Rinne.
Jetzt warten nur noch zwei extrem enge Haarnadelkurven auf uns, in deren Ausfahrt die Piste so unterspült ist, dass bei einem längeren Radstand wahrscheinlich kein Durchkommen möglich gewesen wäre. Aber auch diese letzte Schwierigkeit können wir meistern, und so fahren wir nun ganz entspannt auf besserer Piste über Taung bis nach Thaba-Tseka, wo wir uns gegenüber der Stadt auf ein Bergplateau stellen und die Gewitterstimmung mit ihren gewaltigen Blitzen genießen.
Eswatini
Das kleine Königreich der Swasis, eingequetscht zwischen Südafrika und Mosambik, gefällt in erster Linie durch die auffallende Freundlichkeit seiner Menschen. Arm sind sie, doch sie leben in ordentlichen Hütten und Häuschen, es wirkt weit sauberer als bei den großen Nachbarn, die Felder sind gut bestellt. Großflächige Zuckerrohrplantagen, ein paar Minen und großzügige Unterstützung mit EU-Geldern sorgen für ein geordnetes Leben und füllen dem König seinen Beutel. Dieser bekommt jedes Jahr eine der schönsten Jungfrauen von seinen Untertanen zum Geschenk mit dem Ergebnis, dass er inzwischen über dreißig Nachkommen gezeugt hat, somit seine Manneskraft regelmäßig beweist und damit seinem Volk als recht zweifelhaftes Vorbild in Sachen Geburtenkontrolle fungiert. Deswegen, und auch seines immensen Reichtums wegen, wird er von den Swasis verehrt, schließlich führt seine Familie seit rund dreihundert Jahren ununterbrochen das duldsame Volk und die Regierungsgeschäfte.
Wir sind im Hlane National Park. Der ganze Tag gehört den Tierbeobachtungen am dortigen Wasserloch und im Gegensatz zu unserem letztjährigen Besuch, als sich lediglich die drei immer dort im Wasser liegenden Hippos zeigten, erfreuen uns diesmal ein gutes Dutzend Rhinos! Fast zum Anfassen nahe suhlen sich die trägen Urviecher vor uns. Ein tolles Erlebnis!
Nur der Westen des kleinen Landes ist herrlich gebirgig und grün, den Rest des Landes bedecken meist unendliche Zuckerrohrfelder; auch ist dort die Zersiedelung wenig einladend. Wir verbringen fast einen ganzen Tag im Mlilwane Wildlife Sanctuary, ehe wir durch das dicht besiedelte Ezulwini Valley weiter in Richtung Mbabane fahren. Bei den Ngwenya Hills wenden wir uns nach Norden, entlang der Malolotja-Berge und in ständigem, steilen Auf und Ab bis zur mächtigen Staumauer des Maguga-Damms. Der extrem niedrige Wasserstand zeigt deutlich das große Problem fehlenden Regens, die anhaltende Dürre plagt Mensch und Tier.
Ein Besuch der beiden kleinen Perlen, die geografisch von Südafrika eingebunden, aber doch so eigenständig geblieben sind, lohnt sich. Ist es in Lesotho die grandiose Landschaft der Drakensberge, so sind es in Eswatini die beiden Nationalparks für die Tierbeobachtung. Aber Achtung: Wenn ihr mit einem in Südafrika gemieteten Fahrzeug dorthin reisen wollt, müsst ihr dies bei der Anmietung angeben!